Exkommunikation – gefürchtetes Disziplinierungsinstrument in der Hand der Mächtigen – oder nur noch ein „stumpfes Schwert“?
Zur aktuellen Debatte um den Kirchenbann
Dr. Ida Raming
Seitdem die Strafe der Exkommunikation in der letzten Zeit mehrfach von höchster Stelle (Papst, Glaubenskongregation oder von einem zuständigen Ortsbischof) verhängt wurde: zuletzt über die Mitglieder der Verbrecherorganisation Mafia durch Papst Franziskus (Juni 2014), unmittelbar vorher über das Ehepaar Martha und Gerd Heizer (Österreich), ferner: i. J. 2012 über den Ordenspriester Roy Bourgeois und vor ca 12 Jahren über die Mitglieder der Priesterinnenbewegung (RCWP), ist die Frage nach der Zeitgemäßheit dieser Kirchenstrafe, nach ihren Auswirkungen, vor allem aber nach ihrer Berechtigung wieder aktuell geworden.
Die damit verbundenen Aspekte:
- Seit wann gibt es diese Strafe – kennt das NT sie schon?
- Wie wurde sie im Laufe der Jahrhunderte praktiziert?
- Welche Auswirkungen hat diese Strafe heute?
- Entspricht die Strafe der Gerechtigkeitsnorm?
sind wenig bekannt und werden kaum erörtert.
Ein Rückblick auf die Geschichte der Exkommunikation – hier natürlich nur in einem kurzen Überblick – kann daher hilfreich sein für die Beurteilung dieser Strafe in der heutigen Zeit.
Zur Praxis im NT und im frühen Christentum
(Quellen u.a.: Art. ‚Bann’, TRE, Bd. 5, 1980, 164 ff; Art. Exkommunikation, LTh K Bd. III (1995) 1119f)
„Das Urchristentum hat früh die Notwendigkeit empfunden, Grenzen der Gemeinschaft zu markieren“ gegenüber sündigen, unwürdigen Mitgliedern. In Mt 18, 15-18 ist eine mehrstufige „Bußordnung“ dargestellt. Sie wird Jesus in den Mund gelegt, obwohl er selbst „schwerlich für eine künftige Gemeinde konkrete Regeln aufgestellt“ hat: „Wenn dein Bruder (deine Schwester) sündigt, ist er zuerst unter vier Augen zurecht zu weisen, dann unter Hinzuziehung von ein oder zwei Zeugen, dann vor versammelter Gemeinde; erst „wenn er auf die Gemeinde nicht hört“, erfolgt die gänzliche Aufhebung der Gemeinschaft. Diese Exkommunikation ist zwar total, aber nicht unwiderruflich (vgl. V.18): „Die Gemeinde hat nicht nur die Vollmacht zu binden, sondern auch zu lösen.“ Das dreistufige Verfahren hat zum Ziel, „den Bruder/die Schwester zu gewinnen“ (V.15); vgl. auch das Gleichnis „vom verlorenen Schaf“ (18,12-14). Der Ausschluss erfolgt erst als „letzte Maßnahme“. Die Verantwortung für den sündigen Bruder (oder Schwester) wird hier jedem einzelnen Gemeindemitglied auferlegt – die „letzte Instanz ist die versammelte Gemeinde; Amtsträger treten (noch) nicht in Erscheinung.“
In einzelnen paulinischen Briefen (vgl. 1 Kor 5,1-13) rücken dann auch einzelne Verfehlungen in den Vordergrund, weshalb ein Ausschluss der Täter beabsichtigt oder vollzogen wird (z.B. Unzucht mit der Stiefmutter, Wucher, Habsucht, Verleumdung, Räuberei). Die Taufe wird nicht annulliert, sondern „der Schuldige wird auf radikale Weise zur Umkehr aufgerufen.“
Außer dem Ziel „Rettung des Schuldigen“ gewinnt ein zweiter Beweggrund an Bedeutung: „die Reinhaltung der Gemeinde“ (vgl. 1 Kor 5,6f). Paulus empfiehlt in diesem Fall: Aufhebung der Tischgemeinschaft, auch der eucharistischen, – Vermeidung des Umgangs mit diesem Schuldigen.
In 2 Thess 3,14f. wird dazu aufgerufen, den Ausgeschlossenen weiterhin „nicht als Feind anzusehen, sondern als Bruder zurecht zu weisen“, ... dass „er in sich gehe“. Kennzeichnend für die Kirchenzucht im NT ist also die „Verantwortlichkeit der ganzen Gemeinde“ (1 Kor 5,4). Das tiefste Motiv für die Bestrafung ist die Liebe, die dem Verlorenen nachgeht.
Das ändert sich in der nachapostolischen Zeit: Die Ausübung der „Kirchenzucht“ liegt jetzt in der Hand „einzelner Amtsträger“ (vgl. 1 Tim 1,20; 5,19-21; Tit 3,10), wobei sich diese Entwicklung nicht überall gleichzeitig durchgesetzt hat.
Die Bestrafung richtet sich jetzt vor allem gegen Irrlehrer, sie hat stärker ihre Ausschaltung als ihre Umkehr zum Ziel. Eine abgestufte Abfolge von Zurechtweisungen ist erkennbar – sie liegen in der Hand des Amtsträgers; die Gemeinde dient nur noch als „Forum, nicht mehr als verantwortliche Instanz“.
In der alten Kirche und im Mittelalter
liegt die theologische Leitidee der Exkommunikation vorwiegend darin, „dass schwere Sünde von Gott trennt und dass dies adaequaten Ausdruck in dem äußeren und sichtbaren Verhältnis zur Kirche erfährt“. Die Kirche machte die Trennung des Sünders von Gott und der Kirche (als Gnadengemeinschaft) sichtbar, indem sie den Sünder in den Büßerstand versetzte und ihn durch seine Abseitsstellung zu Reue und Bekehrung motivierte.
Die Aufhebung der Exkommunikation fügte ihn wieder in die sichtbare Gemeinde ein, und die sakramentale Lossprechung bewirkte den Nachlass der Sünden. Seit dem 5. Jh. wurde allen Gläubigen jeglicher Verkehr mit dem Exkommunizierten untersagt.
Durch die theologische Arbeit von Augustinus („sakramentaler Charakter der Taufe“) wurde jedoch klargestellt, dass die Exkommunikation als solche die Kirchengliedschaft nicht aufhebt.
Seit dem 5. Jh. hatte die Exkommunikation „nicht bloß kirchliche, sondern auch bürgerliche, entweder zivilrechtliche oder strafrechtliche Wirkungen“. Sie wurde zu einem ‚Zuchtmittel’, dessen wesentliches Element „die Trennung von den übrigen Gläubigen“ war.
Das galt auch für das Mittelalter und darüber hinaus ...
Dem Exkommunizierten wurden die kirchlichen Rechte entzogen. Auswirkungen im weltlichen Bereich: „Exkommunizierte durften kein Staatsamt bekleiden ... und keine Rechtssachen entscheiden.“ Ein rechtmäßig Gebannter wurde nach kirchlicher Auffassung regierungsunfähig.
Den Rechtsgelehrten des Mittelalters (z.B. Gratian, 12. J.) stellte sich die drängende Frage nach der „gerechten“ und „ungerechten Exkommunikation“:
„Als gerechte Gründe für die Verhängung der Exkommunikation erkannte Gratian ein schweres, äußeres, mit Unverbesserlichkeit des Täters verbundenes Delikt und den Ungehorsam gegen rechtmäßig gebietende Prälaten.“
Eine Exkommunikation kann (nach Gratian) jedoch aus drei Gründen ungerecht sein:
-
- -
„wenn sie nicht in dem Bemühen um Verwirklichung der Gerechtigkeit, sondern aus schlechten Motiven ergeht,
wenn das ordnungsgemäße Verfahren nicht eingehalten wird,
wenn der Bestrafte nicht schuldig ist, wenigstens nicht jener Tat, deretwegen er exkommuniziert wird.“
Mit der Entwicklung der excommunicatio latae sententiae (Tatstrafe) - sie besteht darin, dass sie automatisch mit der Begehung der Straftat eintritt - konnten auch der Öffentlichkeit unbekannte Vergehen und unbekannte Täter bestraft werden.
Für die Aufhebung der excommunicatio ferendae sententiae (Urteils- oder Spruchstrafe) war der kirchliche Obere, der sie verhängt hatte, zuständig.
Reservierte Exkommunikationen wurden im 14. Jh. in erheblichem Umfang von Päpsten vorgenommen; sie dienten der Verschärfung der Strafe.
Vom 13. Jh. an wendete die Kirche die Exkommunikation sehr häufig an: Die Kirche hatte kaum ein anderes Mittel, um die Ausführung ihrer Anordnungen zu erreichen; allmählich wurde sie so zu einer 'stumpfen Waffe'.
Auf dem Konzil von Konstanz (1414-1418) forderten zahlreiche Teilnehmer eine Einschränkung des Gebrauchs der Exkommunikation.
In der Neuzeit nimmt der Bann in der kath. Kirche einen spezifisch hierarchischen Charakter an, d.h. „er dient zunehmend als Ungehorsamsstrafe dem Schutz und der Aufrechterhaltung der kirchlichen Ordnung“. Exkommunikation bedeutet jetzt: Verlust aller aus der Kirchenmitgliedschaft erwachsenden Rechte, - nicht aber Entzug der Mitgliedschaft selbst. (Durch die Taufe wird nämlich das „Personsein in der Kirche“ begründet, das „untrennbar mit dem sakramentalen Charakter der Taufe verbunden und daher unverlierbar und unentziehbar ist.“) Auswirkung der Exkommunikation: Ausschluss vom Empfang der Sakramente, insbesondere der Eucharistie, der Firmung, der letzten Ölung, der Priesterweihe und des Bußsakraments.
Aus der Exkommunikation wird die Rechtsfolge der Infamie des Gebannten, d.h. des kirchlichen Ehrverlusts abgeleitet, mit folgender Auswirkung: Untersagt ist das kirchliche Begräbnis und die damit verbundenen Feierlichkeiten, Bestattung auf Kirchhöfen, Totenmessen etc.
Das Trienter Konzil (1545-1563) bestimmte u.a.: die oberste Strafgewalt über die Gesamtkirche hat weiterhin der Papst inne – er ist letzte Instanz in allen kirchlichen Strafsachen.
Exkommunikation im 20. u. 21. Jahrhundert
Im heutigen kath. Kirchenrecht bedeutet Exkommunikation den (vorübergehenden) Entzug bestimmter Rechte: Ausschluss aus der aktiven kirchlichen Gemeinschaft mit den gesetzlich festgelegten Rechtswirkungen, u.a. das Verbot, irgendeinen Dienst bei der Eucharistiefeier oder einem anderen Gottesdienst zu übernehmen, Sakramente und Sakramentalien zu spenden und Sakramente zu empfangen, kirchliche Ämter, Dienste und Aufgaben auszuüben.
Die Exkommunikation soll angeblich keinen reinen Strafcharakter, sondern eine therapeutische Funktion haben. Deshalb soll sie nur sehr behutsam und nach klaren, theologisch und kanonistisch begründeten Regeln verhängt werden, – aber die Frage ist berechtigt: Hält sich die oberste Kirchenleitung an diesen Grundsatz?
Auswirkung der Exkommunikation in der Gegenwart –
Machtmissbrauch ist vorprogrammiert!
Aus dem kurzen historischen Überblick wird ersichtlich, dass sich die Exkommunikation im Laufe der Zeit, da die kirchlichen Ämter zunehmend herrschaftliche, hierarchische Züge annahmen und die einfachen Gemeindemitglieder mehr und mehr entmündigt wurden, - und das gilt bis heute! – zu einer vorwiegend disziplinären Strafmaßnahme entwickelt..
Sie wird zur „Ungehorsamsstrafe“ und dient vor allem dem Schutz und der Aufrechterhaltung der kirchlichen Ordnung. Als reines „Disziplinierungsinstrument“ in den Händen der Kirchenoberen aber ist der Missbrauch dieser Kirchenstrafe vorprogrammiert:
Nicht eine ehrliche Auseinandersetzung mit den Gründen für das dissidente Verhalten von Kirchengliedern wird angestrebt, sondern deren Ausgrenzung und Diffamierung. Die derzeitige Kirchenleitung zeigt keinerlei Souveränität, keine innere Freiheit im Umgang mit solchen Konflikten. Ein Gesprächsaustausch wird verweigert, obwohl er von den Betroffenen (Exkommunizierten) gesucht wird. Ein gerechtes Verfahren, das den Kriterien von Rechtsstaaten und den Menschenrechten entspricht, ist nicht vorgesehen und findet deshalb auch nicht statt.
So entwickelt sich diese Bestrafung buchstäblich zu einer Sünde der Herrschenden...
Eine Exkommunikation, so fand man schon im Mittelalter (12. Jh.), sei ungerecht, „wenn sie nicht in dem Bemühen um Verwirklichung der Gerechtigkeit, sondern aus schlechten Motiven“ verhängt und „das ordnungsgemäße Verfahren nicht eingehalten“ werde.
Diese Definition trifft durchaus auf die Exkommunikation der Frauen zu,
die das Gesetz des Ausschlusses der Frauen von der Ordination (c. 1024 CIC) i. J. 2002 erstmalig öffentlich übertreten haben, – sie ist ungerecht! Von dieser ungerechten Exkommunikation sind inzwischen auch alle Mitglieder der internationalen Priesterinnenbewegung (RCWP) – also derzeit 200 Frauen weltweit – betroffen (vgl. Dekret der Kongregation für die Glaubenslehre: Das Delikt der versuchten Priesterweihe von Frauen, 2007, 2008 veröffentlicht). Alle diese Frauen haben ein ungerechtes, frauendiskriminierendes Gesetz übertreten. Das ist ihr gutes Recht und Ausdruck ihrer Würde; denn sie fallen einem Gesetz und einer kirchlichen Lehre buchstäblich zum Opfer, die Frauen-diskriminierend und längst überholt ist, mit unwiderlegbaren Argumenten zurückgewiesen wurde und sich nachweislich zum Schaden der Kirche auswirkt.
In den schriftlichen Reaktionen seitens des Vatikans (Monitum und Exkommunikationsdekret von 2002) gegen das Vorgehen der Frauen heißt es u.a.: Die Frauen haben Schaden über die Kirche gebracht: Sie haben die „Einheit im Glauben“ durch ihr Handeln „verletzt“. Sie haben „ Ärgernis bei den Gläubigen verursacht“; sie haben ein „schwer wiegendes Vergehen gegen die Einheit der Kirche“ begangen. Der Vorfall (d.h. die Übertretung von c. 1024 CIC) schade auch „der rechten Förderung der Frau, die in der Kirche und in der Gesellschaft einen eigenen, spezifischen und unersetzbaren Platz“ einnehme.
Das heißt denn doch: die Dinge buchstäblich auf den Kopf stellen!
Denn nicht die Frauen, die ihrer Würde als „Ebenbild Gottes“, als getaufte Christinnen entsprechend gehandelt haben, haben der Kirche geschadet, sondern diejenigen höchsten kirchlichen Amtsträger, die aus patriarchalem Machtstreben an dem ungerechten Gesetz (c. 1024) und der zugrunde liegenden unhaltbaren Lehre festhalten, die Frauen herabwürdigt und ihre Berufungen unterdrückt!
Das aber ist eine schwere Sünde gegen die göttliche, heilige Geistkraft!
Die Frauen haben Zeugnis von ihren Berufungen gegeben;
das verdient Anerkennung!
Wenn solche Anerkennung und Achtung noch immer nicht von der Kirchenleitung kommt, so doch zunehmend von der Gemeinschaft der Christinnen und Christen, die ebenfalls nicht mehr bereit sind, das Gesetz des Ausschlusses der Frauen von Diakonat und Priesteramt zu akzeptieren. Statt zahlreicher Belege verweise ich nur auf eine bemerkenswerte Veranstaltung von Mitgliedern von 'Wir sind Kirche' in Eichstädt, 2013, mit dem treffenden Titel: „Schluss mit Ausschluss der Frauen von kirchlichen Weiheämtern!“ -
Wegen seiner aktiven öffentlichen Unterstützung der Frauenordination und der Priesterinnenbewegung (RCWP) wurde der Ordenspriester Roy Bourgeois (USA) ebenfalls exkommuniziert. Er wurde (i. J. 2012) aus seiner Ordensgemeinschaft, der er 46 Jahre angehört hatte, entlassen und vom Priesteramt suspendiert. Auch diese Strafe wurde von der vatikanischen Glaubenskongregation ausgesprochen, – sie ist ebenfalls völlig ungerecht und eine schwere Sünde der gegenwärtigen Kirchenleitung gegen Gottes heiligen Geist. Die lesenswerte Autobiographie von Roy Bourgeois: „Mein Weg vom Schweigen zur Solidarität“ (hg. FxBear, Yellow Springs, Ohio/USA 2013; dt. Übers.: B. Aurin u. U. Schellhammer) gibt ein eindrucksvolles Zeugnis von dem Mut dieses Priesters und seinem Eintreten für eine gerechte Sache - für Gleichberechtigung der Frauen in der Kirche!
Diejenigen Frauen und Männer – ob Laien oder Amtsträger - die öffentlich für die Frauenordination eintreten, sind ebenfalls von kirchlichen Strafen bedroht. Kein Bischof darf sich positiv zur Frauenordination äußern, sonst ergeht es ihm wie dem australischen Bischof William Morris (Bischof von Toowoomba), der 2006 in einem Hirtenwort dazu angeregt hatte, über die Freistellung des Zölibats und über die Frauenordination nachzudenken, weil er in seiner großen Diözese in absehbarer Zeit keine ausreichende Seelsorge mehr gewährleisten könne. Nur wegen dieser Äußerung seiner allzu berechtigen Sorge wurde er 2011 von seinem Bischofsamt suspendiert! Ein Skandal!
Auf der anderen Seite: Wurde je ein Priester oder Bischof, der sich des Kindesmissbrauchs schuldig gemacht hat, exkommuniziert? Weitere schwere Verbrechen von Kirchenmitgliedern, auch von Amtsträgern – wurden sie je mit Exkommunikation bestraft?
Willkürliche Anwendung der Kirchenstrafe
Wie willkürlich mit dieser schweren Strafe der Exkommunikation umgegangen wird, zeigt auch der Umgang mit den Piusbrüdern. Obwohl sie ihre Ablehnung der Dokumente des 2. Vatikanischen Konzils deutlich bekundet haben, kam die Vatikanische Kirchenleitung (Papst Benedikt) ihnen sehr entgegen und hob ihre Exkommunikation auf.
Indessen richtet sich die ganze Härte der Kirchenleitung gegen die Theologinnen und Theologen, die sich mit aller Kraft für die not-wendige Reform der Kirche einsetzen. Auf ein solches Entgegenkommen, wie es den Piusbrüdern zuteil wurde, würden sie sicherlich vergeblich hoffen.
Exkommunikation – nur noch ein „stumpfes Schwert?
Ist die Exkommunikation denn für die Betroffenen nur noch „ein stumpfes Schwert“, das sie ohne weiteres ignorieren können?
Freilich droht ihnen keine Gefahr für Leib und Leben mehr, wie noch zu Luthers Zeiten; dennoch hat die Exkommunikation für die Betroffenen einige schmerzhafte Auswirkungen: Uns als Exkommunizierten werden Vorträge in „katholisch-kirchlichen Häusern“ streng verweigert, auch wenn wir nicht aus der Kirche ausgetreten sind; selbst als theologische Expertinnen werden wir dort nicht zugelassen! Exkommunizierte werden niemals zu Veranstaltungen auf den „offiziellen“ Kirchentagen eingeladen oder zu Tagungen in römisch- katholischen Bildungshäusern! Theolog/innen vermeiden es, Veröffentlichungen von Exkommunizierten zu zitieren, um ihrem Ruf seitens der Amtskirche nicht zu schaden und keine beruflichen Nachteile in Kauf nehmen zu müssen!
Der Ausschluss von kirchlichen Diensten und vom Sakramentenempfang, vor allem von der Eucharistie, ist ebenfalls eine Auswirkung der Exkommunikation. Dabei wird die Eucharistie, zu der Jesus selbst einlud, zum Disziplinierungs- und Machtmittel degradiert: Kirchliche Amtsträger maßen sich dabei an, über die Würdigkeit oder Unwürdigkeit der Teilnehmenden zu entscheiden und setzen sich damit gleichsam an die Stelle Gottes! Wenn den exkommunizierten Menschen in reformorientierten Gemeinden die Teilnahme an der Kommunion heute kaum mehr verwehrt wird, ist das freilich völlig abhängig von der Einstellung des zuständigen Pfarrers, – bei einem Pfarrerwechsel kann das schon wieder rückgängig gemacht werden.
Reformorientierte Exkommunizierte auf gleicher Stufe mit Verbrechern!
Hinsichtlich der zuletzt genannten Straffolgen (Ausschluss von kirchlichen Diensten und vom Sakramentenempfang) stehen die exkommunizierten Priesterinnen – und das gilt auch für Roy Bourgeois und das Ehepaar Heizer! – mit Mitgliedern der Mafia, einer verbrecherischen Organisation, auf gleicher Stufe, was die Absurdität dieser Strafmaßnahme ganz drastisch vor Augen führt.
Reformorientierte Christen geraten jedoch z.T. in die Gefahr, dass sie die ungerechte Bestrafung der Mitglieder der Priesterinnenbewegung (RCWP), des Priesters Roy Bourgeois und des Ehepaars Heizer „mitvollziehen“, gewissermaßen „ratifizieren“, wenn sie die o.g. Auswirkungen akzeptieren und nicht dagegen aufzustehen!
Diese Tatsache allerdings ist wohl den wenigsten Christinnen und Christen wirklich bewusst. Wann fordern sie ihr (neutestamentlich verbrieftes) Recht, „zu binden und zu lösen“ (vgl. Mt 18,18), wieder zurück? Nach meinen bisherigen Erfahrungen als eine der Frauen, über die die vatikanische Kirchenleitung seit 2002 (endgültig 2003) eine ungerechte Strafe verhängt hat, bin ich dennoch davon überzeugt: Hätten die Gemeindeglieder die Vollmacht zum „Binden und Lösen“, wie sie ihnen in den neutestamentlichen Gemeinden noch zustand (vgl. Mt 18,18), das Urteil über die Mitglieder der Priesterinnenbewegung (RCWP), wie auch im Fall des Ehepaars Heizer und im Fall Roy Bourgeois, wäre sicherlich anders ausgefallen!
Diejenigen also, die 'lernen' müssen, sind die Vertreter der Kirchenleitung, die hohen Amtsträger im Vatikan: Sie sind zutiefst herausgefordert, die notwendigen Reformen in der Kirche, besonders im Hinblick auf die Stellung der Frauen, nicht länger zu verweigern. Noch immer halten sie an der dem Geist Jesu widersprechenden patriarchalen Herrschaft über Frauen und Laien fest und handeln damit gegen universale Menschenrechte!
Was muss noch geschehen, damit sie endlich umkehren?!
Die Zeit drängt!
Ida Raming, Dr. theol., Mitglied der internationalen Römisch-Katholischen Priesterinnenbewegung (RCWP), seit Januar 2003 exkommuniziert
(Dieser Artikel ist – geringfügig gekürzt – in „Kirche In“/ Österreich, Nr. 10/2014 S. 26-29 publiziert.)
Ida Raming, Dr. theol., Mitglied der internationalen Römisch-Katholischen Priesterinnenbewegung (RCWP), seit Januar 2003 exkommuniziert
(Dieser Artikel ist – geringfügig gekürzt – in „Kirche In“/ Österreich, Nr. 10/2014 S. 26-29 publiziert.)
Wussten sie schon...
Wenn Sie nähere Informationen wünschen:
==> Oder kontaktieren Sie uns über das Kontaktformular...